Das Team um Prof. Dr. J. Danska vom Hospital for Sick Children in Toronto experimentiert mit Versuchstieren die einen Typ 1 Diabetes entwickeln, den sogenannten non-obese diabetic (NOD-Mäusen). Weibliche Tiere erkranken häufiger als männliche Tiere, aber diese Geschlechtsunterschied bestand nicht, wenn die Tiere in keimfreien Käfi­gen aufwuchsen. Dann erkranken männliche und weibliche Tiere gleich häufig. Die Übertragung von Darmbakterien von ausgewachsenen männlichen auf unreife weibliche Tiere hat eine erstaunliche Wirkung: anstelle 85% erkranken nur noch 25% der weiblichen NOD-Mäuse an einem Typ 1 Diabetes. Veröffentlich wurden diese Ergebnisse in der wissenschaftlichen Zeitschrift Science.

schöner SchneeProf. Dr. Danska und ihr Team interpretieren die Auswirkungen als eine weitere Facette der „Hygiene-Hypothese“, nach der die Wechselwirkung von Bakterien und Immunsystem die Entstehung von Autoimmun­erkrankungen beeinflusst.

Es erscheint, dass um Krankheiten (in 1. Linie Autoimmunkrankheiten) zu meiden, muss das Immunsystem frühzeitig mit Bakterien konfrontiert werden. Das darmassoziierte lymphatische Gewebe GALT (gut associated lymphoid tissue) ist der größte Teil des menschlichen Immunsystems und muss mit Bakterien zur ausreichenden Entwicklung in Kontakt kommen. Ob diese Ergebnisse auf den Mensch übertragbar sind, ist noch unklar. Aber in der Entwicklung des Menschen hat sich die Besiedelung des Darmes mit Bakterien im Vergleich über die Jahrtausende deutlich verändert.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine ganz aktuelle Therapiestudie veröffentlicht im New England Journal of Medicine. Dabei konnte eine sehr gute >90% Heilung der durch Clostridium difficile bedingten Durchfallerkrankung (= pseudomembranöse Colitis, diese entsteht nach Antibiotikaeinnahme), mittels Infusion von (gesundem) Stuhl von gesunden Menschen in den Zwölffingerdarm der erkrankten Patienten, erzielt werden.

Sollte die veränderte Bakterienbesiedelung im Darm auch beim Menschen die Anfälligkeit auf (Autoimmun)-Erkrankungen erhöhen, könnte eine Regulierung der Darmbakterien möglicherweise eine schützende Wirkung haben.

WJS

Comments are closed.