Bereits seit Jahrzehnten wird intensiv diskutiert, ob Betablocker (z.B. Concor, Bisoprolol, Nomexor, Nebivolol und andere) in der Therapie der arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck) als Arzneimittel der ersten Wahl zum Einsatz kommen sollen. Völlige Klarheit herrscht bei dieser Fragestellung immer noch nicht.
Die deutsche Hypertonie-Leitlinie listet folgende Herzerkrankungen für den Einsatz von Betablockern: 1.) chronische Herzinsuffizienz (Herzschwäche) bei eingeschränkter systolischer Ejektionsfraktion ≤ 40 % 2.) koronare Herzkrankheit (KHK) inklusive Zustand nach Myokardinfarkt (Herzinfarkt) 3.) tachykarde Herzrhythmusstörungen (Puls >100/Minute) 4.) Vorhofflimmern (unregelmäßiger Herzschlag).
Als unerwünschte Nebenwirkungen werden die Erhöhung der Blutglukose, Triglyceride und des Diabetesrisikos, Schlafstörungen und eine Beeinträchtigung der Libido/Erektionsstörungen angegeben. Die Autoren eines Artikels in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Lancet“ erklären jetzt, dass es Jahrzehnte gedauert hat, bis die Leitlinien den Status der Betablocker gegen den Willen der Pharmaindustrie herabgestuft hatten. Die neuste Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Hypertonie (European Society of Hypertension) hat aber Betablocker in der Rangordnung der bei Bluthochdruck eingesetzten Arzneimittel wieder aufgewertet. Das erscheint als Rückschritt denn es gibt keinerlei neue Erkenntnisse, welche die Einstufung von Betablockern als Erstlinientherapie bei Bluthochdruck (ohne Herzerkrankung) rechtfertigen würden.
Fünf Arzneimittelklassen, darunter ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptor-Blocker, Calcium-Kanal-Blocker, Thiazide/Thiazid-ähnliche Diuretika und Betablocker haben in randomisiert-kontrollierten Studien effektiv den Blutdruck und kardiovaskuläre Ereignisse reduziert. Die US-amerikanische Hypertonie-Leitlinien führen Betablocker nicht mehr als erste Wahl auf. Diese Wirkstoffe werden demnach allein oder in Kombination gleichwertig als Basis der Hypertonie-Therapie empfohlen. Zu Betablockern wird hingegen betont, dass es nur unzureichende Belege gebe, diese als erste Therapie bei Bluthochdruck einzusetzen.
WJS